Seit Jahren wird in der Pferdewelt die Ansicht vertreten und propagiert, der Pferderücken entspricht einer Hängebrückenkonstruktion. Anhand dieser Ansicht wird das Reiten, so wie die meisten von uns es kennen gelehrt und praktiziert. Betrachtet man sich das Pferd einmal genauer und nimmt die Naturgesetze, insbesondere die Physik zu Hilfe, so kommt man zu einem völlig anderen Schluss.
Hängebrücke widerspricht Naturgesetz
Nimmt man an, der Pferderücken funktioniert wie eine Hängebrücke, müssen zwei Bedingungen erfüllt werden. Ohne diese beiden erfüllten Bedingungen kann aus dem Pferderücken keine Hängebrückenkonstruktion abgeleitet werden. Der erste Punkt, der gleichzeitig auch eine indiskutable und unumgängliche Tatsache darstellt, ist die Kraftrichtung. Mit Kraftrichtung ist die Wirkungsrichtung der auftretenden Kräfte gemeint. Eine Hängebrückenkonstruktion ist horizontalen Kräften ausgesetzt. Das heißt, die Belastung zieht an der Brücke, wodurch sich eine horizontale Kraft ergibt, die nach innen wirkt, also an der Brücke zieht. Die Brücke selbst, die das statische System darstellt, muss, um nicht durchzubrechen mit der gleichen Kraft in horizontaler Richtung nach außen wirken, die Brücke hält dem Zug, der durch die Belastung entsteht, gegen. Man hat es bei einer Hängebrücke mit horizontal wirkenden Kräften zu tun.
Was eine Zimmerdecke mit einem Pferderücken gemeinsam hat
Schauen wir uns das Pferd und den Pferderücken an. Als erstes fällt auf, dass der Rücken nicht eingespannt ist, sondern über den Gliedmaßen hängt. Schaut man über die Vorhand hinaus, so ist am vorderen Auflager (Vorhand) noch der Hals befestigt, der ca. zwischen 50 Zentimetern und einem guten Meter oder mehr über die Vorhand hinausragt. Dieser Hebel hat Einfluss auf den Rücken. Jeder von uns kennt das, wenn wir auf dem Pferd sitzen und das Pferd plötzlich den Kopf nach unten reißt, um an das Gras zu kommen. Reißt das Pferd den Kopf nach unten, drückt uns der Rücken nach oben. Genauso in umgekehrter Form, wenn das Pferd den Kopf nach oben reißt. Es gibt also eine Verbindung zwischen Hals und Rücken.
Die Kraftrichtung ist wichtig
Was sich daraus ableiten lässt, ist, dass das Pferd, wenn es den Kopf nach unten nimmt und dabei der Rücken nach oben kommt einer vertikalen Kraftwirkung ausgesetzt ist und keiner horizontalen. Betrachtet man sich den Pferderücken unter physikalischen Gesichtspunkten, so stellt der Rücken des Pferdes mit dem davorsitzenden Hals eine Deckenkonstruktion mit Kragarm da. Ein Kragarm ist im Grunde der Balkon vor dem Wohnzimmer. Es handelt sich hierbei um die gleiche Konstruktion wie bei einem Pferderücken. Es besteht die gleiche Kraftwirkung. Das natürliche Verhalten des Pferdes gibt uns weiter Aufschluss über die Kraftwirkung und dem daraus resultierenden Verhalten des Pferdes.
Bei jungen, wenig gerittenen Pferden lässt sich eine Gemeinsamkeit feststellen. Sobald der Reiter auf dem Rücken sitzt, also die vertikale Kraft auf das Pferd einwirkt, nimmt das Pferd den Kopf nach unten. Das Pferd wirkt dem Reitergewicht mit einer horizontalen Kraft entgegen, weil sich der Rücken aufwölbt, wenn der Kopf nach unten geht. Es lässt sich nie beobachten, dass diese Pferde den Rücken aufwölben, indem sie den Kopf nach oben nehmen und den Kopf an den Hals ziehen. Das Absenken des Kopfes bei Belastung des Rückens ist für das Pferd kraftsparend, entspricht also dem natürlichen Verhalten und ist exakt das gleiche Verhalten wie bei einer Zimmerdecke mit davorsitzendem Balkon. Der Balkon drückt aufgrund der Erdanziehung nach unten, was dazu führt, dass sich die Zimmerdecke nach oben wölbt, wodurch sie der Kraft, die durch darauf stehende Personen ausgeübt wird, entgegenwirkt.
Mit diesen Tatsachen kann ein Pferd nicht mehr in der Aufrichtung geritten werden, weder in relativer noch absoluter. Das Pferd muss in der Selbsthaltung geritten werden, die die korrekte Aufrichtung des Pferdes darstellt.