Fachartikel

Was ist ein Trauma?

Timo Ameruoso eigenentwickelte Trense

Aufgrund der jüngsten Entwicklung möchte ich nochmals auf das Thema Trauma eingehen. Vorab sei gesagt, dass es hier nicht darum geht, künstliche Panick zu schüren und überall ein Problem zu sehen, ABER, wenn wir von einer Verhaltensauffälligkeit sprechen beziehungsweise ein Verhalten bei unserem Pferd bemerken, dass seinem natürlichen Verhalten widerspricht, sollten wir sehr wachsam sein, da das der erste Hinweis auf ein Trauma sein kann. Was ich an dieser Stelle auch gleich sagen muss, ist, dass wir ein Trauma oder generell Angst NICHT wegkonditionieren können. Das halte ich auch für den Grund, weshalb Pferdetrainer dieses Thema gekonnt umgehen oder ständig relativieren.

 

Schocktrauma

 

Man unterscheidet zwischen zwei Arten des Traumas, die im Ergebnis aber die gleiche Konsequenz haben, die enorme Angst des Pferdes.

Zunächst gibt es das sogenannte Schocktrauma. Ein Schocktrauma entsteht beispielsweise durch einen Unfall, eine Naturkatastrophe, Kidnapping, Vergewaltigung oder wenn wir plötzlich ein Familienmitglied verlieren.

Dabei speichert das Gehirn alles ab, was es erlebt, jedes kleine Detail. Auch Empfindungen und Emotionen werden abgespeichert.

Sie fragen sich, was hat das mit meinem Pferd zu tun?

Hier möchte ich Ihnen folgendes Beispiel nennen, zuerst so wie die Natur das Vorgesehen hat und dann das, was in der Gefangenschafft des Pferdes passiert.

In der Natur werden Fohlen bis zu einem Jahr von ihrer Mutter gesäugt und dann erst nach mehreren Wochen abgesetzt, um dann mindestens ein weiteres Jahr bei seinen Eltern zu bleiben. Betrachtet man das aus der Perspektive der Pferdepsyche des Fohlens, so liegt das daran, dass ein Fohlen mit einem Jahr keinerlei Selbstregulation besitzt. Was heißt das? Selbstregulation bedeutet, dass sich das Fohlen nicht wieder von selbst beruhigen kann, nachdem es sich erschrocken hat oder vor etwas Angst hatte. Damit es sich wieder beruhigen kann, muss es bei der Mutter trinken. Das ist ein, von der Entwicklung, festgelegter Mechanismus, der nicht umgangen oder beschleunigt werden kann. Das ist ähnlich dem Sprechen lernen bei Menschen, dafür gibt es ein festgelegtes Zeitfenster. Die Regulation von kleinen Kindern funktioniert übrigens genauso, wie die des Fohlens. Vielleicht haben Sie ja Kinder, dann werden Sie sich daran erinnern, was ihre Kinder gemacht haben, wenn sie schlecht geträumt haben oder Angst vorm Weihnachtsmann hatten. Sie müssen zu ihrer Mama oder ihrem Papa.

Betrachtet man jetzt die Entwicklung des Fohlens in der Gefangenschafft, so wird man zunächst feststellen, dass die Fohlen meist mit 6 Monaten von ihrer Mutter getrennt werden. Es macht dabei auch keinen Unterschied, ob man das langsam macht, es entsteht ein Schocktrauma, sobald die Mutter nicht da ist, denn das Fohlen weiß ja nicht, dass die Mutter zurück kommt, das wissen nur die die es von der Mutter getrennt haben. Jetzt fragen Sie sich vielleicht: Naja aber nach einer Weile hören ja Mutter und Fohlen auf nacheinander zu rufen.

Richtig, aber wer sagt Ihnen denn, dass sie sich jetzt beruhigt haben? Würde man ein Kind von seiner Mutter trennen, was denken Sie, wie lange die beiden nacheinander rufen würden? Genau, sie würden aufhören, sobald sie merken es ist aussichtslos.

So ist es bei der Mutter und dem Fohlen auch. Was jetzt, allerdings wie Ruhe aussieht, ist der erste Marker für den Todstellreflex. Sowohl die Mutter als auch das Fohlen befinden sich im Todstellreflex, und das ist der Marker für ein Trauma. Beim Todstellreflex wirkt das Pferd vollkommen ruhig, der innerer Stress ist aber am Maximum. Der Grund für die äußere Ruhe ist die Hilflosigkeit. Es gibt hierzu auch ganz einfache körperliche Signale. Das erste Signal, auf das, worauf Sie achten müssen, ist die Zwinkerfrequenz der Augen. Es gibt hier keine Formel aber das Spektrum reicht von offenen Augen, die nicht zwinkern, bis zu geschlossenen Augen oder von einer sehr verminderten Zwinkerfrequenz gegenüber dem entspannten Zustand oder sogar einem deutlich erhöhtem Zwinkerverhalten. Es gibt noch weitere Marker, die uns verraten, dass ein Pferd im Todstellreflex festhängt und damit ein Trauma erlitten hat, aber das Zwinkern ist das einfachste. Wichtig ist hierbei einen Vergleichswert zu haben, beispielsweise, wenn das Pferd in der Herde ist und grast.

Sie sehen, nimmt man das oben beschrieben als Ausgangspunkt kommt man jetzt zum Ergebnis, dass es mehr traumatisierte Pferde gibt, die bereits als Fohlen ein Schocktrauma erlitten haben, als es uns vielleicht bewusst ist. Allerdings hört das Problem hier nicht auf.

 

Entwicklungstrauma

 

Ein Entwicklungstrauma ist ein Trauma, dass durch eine lange Prozess aus Gewalt oder wiederkehrender Hilflosigkeit heraus entsteht. Bei Kindern reicht das Spektrum, um zu einem Entwicklungstrauma zu führen vom Aufwachsen in einem gewalttätigen Haushalt, einem chaotischen Umfeld oder, wenn es zu früh mit erwachsenen Aufgaben betreut wird oder offensichtliche oder subtile Ablehnung erfährt.

Sie Fragen sich wieder, was hat das mit meinem Pferd zu tun?

Zunächst die Frage, was ist Gewalt? Kommt ein Fohlen zu Ihnen und beginnt Sie zu beißen, ist das eine Spielaufforderung des Fohlens. Reglementieren Sie das jetzt, gemäß dem Fohlen- ABC entspricht das der Ablehnung bei Kindern. Sie sind bereits jetzt auf dem besten Wege ein, leicht vermeidbares Entwicklungstrauma zu kreieren.

Gehen wir weiter, Ihr Pferd bleibt an der Aufstiegshilfe nicht stehen. Es will sie partout nicht aufsitzen lassen. Was ist die Antwort des Horsemanships? Das Stehenbleiben zu konditionieren. Was haben Sie jetzt gemacht? Sie zeigen Ihrem Pferd, egal wie sehr es nicht stehen bleiben will oder kann, egal was die Ursache ist, es hat keine Chance. Hilflosigkeit. Ich bin mir sicher, dass Sie das nicht wollen, aber Sie müssen die Methoden, die Ihre Ergebnisse auf Konditionierung, Erziehung und Belohnung aufbauen hinterfragen!

Denn, alles, was Sie konditionieren, bedeutet den Ausdruck eines Gefühls Ihres Pferdes durch konditioniertes Verhalten zu überdecken. Daraus entsteht immer eine Form der Hilflosigkeit im Pferd und das Wiederum führt nur in eine Richtung, Trauma.

Bei einem Entwicklungstrauma gelten die gleichen Marker, wie bei einem Schocktrauma. Weitere Anzeichen für ein Trauma, neben der Zwinkerfrequenz ist das Verhalten allgemein. Ist ein Pferd besonders schreckhaft, so ist das nicht normal und deutet auf ein erhöhtes Stresspotenzial hin, woraus das Entwicklungstrauma entstehen kann. Beißt Ihr Pferd zu ist das kein Ungehorsam sondern der Kampfrelfex. Der Kampfrelfex beruht immer auf großer Angst und ist eine Form des Pferdes mit einem Trauma umzugehen. Ihr Pferd brauch verhältnismäßig lange sich zu beruhigen nachdem es sich erschrocken hat. Das ist ein deutliches Zeichen für Regulationsprobleme, die wiederum das Ergebnis eines Schocktraumas im Fohlenalter hindeuten können.

Sie sehen, es ist höchste Zeit, Pferde in ihrer Gesamtheit zu sehen und das Pferdeverhalten nach psychologischen Maßstäben zu beurteilen und nicht mehr nach Pferdetrainer-Maßstäben. Ich möchte Ihnen am Ende aber Mut machen. Sie sind hier gelandet, weil Ihnen Ihr Pferd wichtig ist, sie wollen wissen, wie es Ihrem Pferd wirklich geht und das es Ihrem Pferd gut geht. Haben Sie ein Problem erkannt, so können Sie es auch aus der Welt schaffen! Ihr Pferd braucht Sie dazu.

 

Weitere Infos zur Pferdepsychologie und wie man sie anwendet finden Sie unter Trainerausbildung.

Unsere Online-Kurse

  • Komplett-Paket
    Sie erhalten Zugang zu allen Kurses zum Vorteils-Preis! *
    1.049
    einmalig, statt 1.745 €
    • Alle Kurse in einem Paket
    • Preisvorteil
    • Über 12 Stunden geballtes Wissen
    • einmal zahlen, unbegrenzt zur Verfügung
    • Updates der Inhalte inklusive
  • Einzelkurs
    Sie bekommen Zugang zu einem Kurs.
    Es können mehrere erworben werden.
    349
    einmalig pro Kurs, statt 399 €
    • Zugang zu einem einzelnen Kurs
    • Dauer jeweils ca. 150 Minuten
    • einmal zahlen, unbegrenzt zur Verfügung
    • Updates der Inhalte inklusive